Trikot ausziehen? Verboten!

Warum im Fußball Trikot ausziehen verboten ist – Hintergründe und Fun Facts

Fußballspieler steht in einem gezeichneten Stadion und zieht sich im Jubel das Trikot über den Kopf

Wer im Fußball sein Trikot auszieht, sieht die gelbe Karte. Warum machen es dennoch so viele Spieler? Wieso gibt es diese Regel überhaupt? Wir haben uns für Sie schlau gemacht und die Fifa-Regel unter die Lupe genommen.

Ausziehen verboten – eine umstrittene Fifa-Regelung

Sieben gelbe Karten aufgrund übertriebenen Torjubels – diesen recht zweifelhaften Rekord in Europas Top-Ligen stellte Roberto Firmino im April 2017 auf. Nach seinem Siegtreffer gegen Stoke City riss er sich wieder einmal das Trikot vom Leib, wie auch schon sechs Mal davor seit der Saison 2012/13. Kein Problem? Doch! Denn neben diesem Rekord bekam Firmino auch eine gelbe Karte. Firmino ist nicht der einzige Spieler, der nach einem Treffer seinen nackten Oberkörper zur Schau stellt. Doch die Fifa verbietet das Ausziehen der Trikots seit 2004. Diese Regel sorgt immer wieder für Diskussionen.

Was steht in den Regeln der Fifa?

Viele Spieler haben ihre ganz eigene Art, ein Tor zu bejubeln. Einige Spieler wie Peter Crouch, ehemaliger englischer Nationalspieler, führen einen kleinen Tanz auf, andere wiederum formen mit ihren Händen ein Herz. Diese Gesten stören den Spielverlauf nicht und sind deshalb von der Fifa erlaubt: „Spieler dürfen nach einem Tor jubeln, solange sie es nicht übertreiben.“ (Regel 12, 3, PDF "Fußball-Regeln" aufrufen) Anders verhält es sich jedoch mit dem sogenannten übertriebenen Torjubel.

Die Fifa zum Torjubel

Zwar ist es einem Spieler erlaubt, seiner Freude nach einem Treffer Ausdruck zu verleihen, doch darf der Torjubel nicht übertrieben werden.

Torjubel ist in angemessenem Rahmen gestattet. Zu unterbinden sind jedoch „choreografierte“ Jubelszenen, wenn dadurch zu viel Zeit verloren geht. Die Schiedsrichter sind angewiesen, in solchen Fällen einzuschreiten.

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Ein Spieler wird laut Regel 12 verwarnt, wenn er

  • nach Meinung des Schiedsrichters mit provozierenden, höhnischen oder aufhetzenden Gesten jubelt,
  • an einem Zaun hochklettert, um einen Treffer zu feiern,
  • sein Hemd auszieht oder es über seinen Kopf stülpt,
  • Kopf oder Gesicht mit einer Maske oder Ähnlichem bedeckt.

Das Verlassen des Spielfelds beim Torjubel ist an sich noch kein verwarnungswürdiges Vergehen, doch sind die Spieler gehalten, so rasch wie möglich auf das Feld zurückzukehren.

Von den Schiedsrichtern wird erwartet, dass sie in solchen Situationen präventiv auf die Spieler einwirken und bei der Beurteilung des Torjubels gesunden Menschenverstand walten lassen.

Konkret heißt das: Zieht ein Spieler sein Trikot aus, wird er mit der gelben Karte verwarnt. Im schlimmsten Fall wird er im nächsten Spiel gesperrt, wenn er sich in diesem Spiel noch ein weiteres Vergehen leistet. Nicht selten werden die Schiedsrichter deshalb von den Zuschauern und den Fußballteams für ihre Entscheidung verurteilt. Letztendlich handeln sie aber nur auf Anweisung und setzen die internationalen Fifa-Regeln in Deutschland um.

Warum ist das Ausziehen des Trikots unsportliches Betragen?

Andere Länder, andere Sitten. Das gilt auch im Fußball. Da die Fifa-Regeln international gültig sind, berücksichtigen sie auch kulturelle Unterschiede in anderen Ländern. Deshalb begründete Volker Roth, ehemaliger Vorsitzender des DFB-Schiedsrichterausschusses, die Einführung der Regel 12 mit folgenden Worten: „In islamischen Ländern ist das Ausziehen des Trikots eine Beleidigung dessen, der es ansehen muss.“

Neben kulturellen Unterschieden der Fifa-Länder spielen aber auch noch andere Faktoren eine Rolle. Manche Spieler nutzen die Tradition, das Trikot auszuziehen, für ihre privaten Zwecke. So kam unter manchem Trikot schon ein Leibchen mit einer Werbebotschaft oder einem persönlichen Gruß zum Vorschein. Auch religiöse Ansichten wurden so immer wieder demonstriert. Mit einem generellen Verbot, das Trikot auszuziehen, versucht man daher, solche Botschaften zu unterbinden. Somit rückt das Spiel an sich wieder mehr in den Fokus.

Zlatan Ibrahimovic macht mit seinen aufgemalten Tattoos auf den Hunger der Welt aufmerksam:

Gleichzeitig wird durch das Verbot auch verhindert, dass durch einen überschwänglichen Torjubel das Spiel unnötig verzögert wird. Beim Anstoß sollten sich die Spieler wieder auf das Spiel konzentrieren und nicht damit beschäftigt sein, sich ordentlich anzuziehen. So hat der Fußballspieler Forlàn (Manchester United) beispielsweise den Anstoß verpasst und spielte im Spiel gegen Southhampton zunächst oben ohne:

Als Begründung für das Verbot äußerte Roth im Interview mit der SZ außerdem, dass es in Südamerika bereits zu Todesfällen kam. Nachdem Spieler ihre Trikots in die Fankurve geworfen hatten, kam es zu Tumulten. Zuschauer versuchten, nach den Trikots zu greifen. Dabei entstand Panik und einige Zuschauer wurden erdrückt.

Ist das Trikotausziehen auch im Frauenfußball verboten?

Im WM-Finale 2007 gegen Brasilien zeigte die deutsche Nationalspielerin Simone Laudher den Zuschauern ihren Sixpack und wurde mit dieser Geste berühmt. Doch ist das Trikotausziehen auch im Frauenfußball verboten?

Grundsätzlich gelten für Frauen wie auch Männer dieselben Fußballregeln. Frauen können genauso wie Männer für einen übertriebenen Torjubel bestraft werden. Das Trikotausziehen ist also auch im Frauenfußball verboten.

Im Sommer 2022 sorgte die englische Nationalspielerin Chloe Kelly für ein gewaltiges Medienecho: Nach dem Sieg im EM-Finale gegen Deutschland riss sie sich ihr Trikot vom Körper und jubelte im Sport-BH über ihren 2:1-Siegestreffer. Später erklärte sie, das sei „die beste Gelbe Karte, die ich jemals bekommen habe“.

Darum ziehen Spieler beim Torjubel so gern das Trikot aus

Auch wenn Ronaldo einräumt, dass er keine 3.000 Sit-Ups am Tag macht, trainiert er mehrmals die Woche. Seinen durchtrainierten Oberkörper stellt er daher nur allzu gerne zur Schau. Auch David Beckham zelebrierte während seiner Spielerkarriere diesen Körperkult, spielte mit seinen Muskeln und zeigte seine Tattoos.

Außerdem wollen die Fußballer natürlich für die Leistung gehuldigt werden, die sie gerade erbracht haben. Der Spieler hat „alles gegeben und nichts zu verstecken“, zitiert die SZ den Sportsozilogen Karl-Heinrich Bette in ihrem Artikel Adonis am Ball. Im Fußball herrschen zudem nach wie vor recht traditionelle männliche Ideale vor. Das Entblößen des Oberkörpers ist somit Ausdruck der Männlichkeit, die von den Zuschauern anerkannt werden soll.

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Schon gewusst? 10 Fun Facts rund um den übertriebenen Torjubel

Das Ausziehen der Trikots gehört seit Langem zum Fußballspiel dazu. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es schon zu manch skurrilen Situationen auf dem Spielfeld kam. Wir haben die besten hier für Sie gesammelt.

1. Trikot unter Trikot

David Odonkor, ehemaliger Spieler bei Borussia Dortmund, zog im Spiel gegen Hansa Rostock sein Trikot aus und verschenkte es an einen Rollstuhlfahrer. Unter dem ausgezogenen Trikot trug er sogar ein weiteres identisches Trikot. Bestraft wurde er dennoch. Er erhielt die gelbe Karte.

2. Probleme beim Anziehen

Wie lange braucht man, um ein Trikot anzuziehen? Ein Spieler beim Confederations-Cup im Sommer 2003 zeigte, dass dies mehrere Minuten dauern kann. Nachdem er das Trikot zum Torjubel ausgezogen hatte, schaffte er es nur mithilfe seiner Mitspieler, dieses wieder anzuziehen. Das eingenähte Unterhemd machte scheinbar Probleme.

3. Gedenken an verunglückte Kollegen

Auch Edinson Cavani erhielt aufgrund Regel 12 die gelbe Karte. Bei seinem Torjubel zeigte er ein T-Shirt mit der Aufschrift „ACE FUERZA“. ACE ist das Kürzel der kolumbischen Fußballmannschaft Chapecoense. 19 ihrer Spieler kamen kurz zuvor bei einem Flugzeugunglück ums Leben.

4. Oliver Bierhoff zieht blank

Oliver Bierhoff zog nur ein einziges Mal in seiner Karriere das Trikot aus. Im EM-Finale 1996 feierte er so das Golden Goal.

5. Selfie-Jubel

Douglas Costa zeigt, dass man den Torjubel auch ausschweifend feiern kann, ohne dafür bestraft zu werden. Er rannte nach seinem Tor kurzerhand zur Zuschauertribüne, um dort mit Familie und Freunden ein Selfie zu machen. Verboten ist das (noch) nicht. Ob die Fifa ihre Regeln bald anpassen wird?

6. Frauen sollen nicht auf nackte Oberkörper verzichten

„Weg mit der gelben Karte – her mit dem freiwilligen Zeigen sportlicher Oberkörper“, heißt es 2004 in einem offiziellen Brief an den DFB. Der Brief stammt von den Politikerinnen Evelin Schönhut-Keil und Margareta Wolf. Sie verweisen auf die vielen weiblichen Zuschauer und machen sich für die Abschaffung des Verbots stark.

7. Why always me?

Ursprünglich war das Ausziehen des Trikots nur verboten, wenn auf dem Unterhemd darunter eine Botschaft zu sehen war. Auch Mario Balotelli, ehemaliger Stürmer bei Manchester City, zeigt den Zuschauern, was er darunter trägt. Anstatt in Jubel auszubrechen, präsentierte er beim Spiel gegen Manchester United im Oktober 2011 sein Unterhemd mit der Aufschrift „Why always me?“. Damit erlangte er solche Bekanntheit, dass es inzwischen auch einige Songs dazu gibt.

8. Sulley zeigt Balotelli gelb

Balotelli zog nicht nur einmal sein Trikot aus. Dennoch bleibt eine Szene besonders in Erinnerung: Nicht der Schiedsrichter, sondern Balotellis Mitspieler Sulley Muntari zeigte Balotelli die gelbe Karte. Sulley klaute dem Schiedsrichter die gelbe Karte und verwarnte seinen Teamkollegen.

9. Verlorene Finger

Paulo Diogo, ehemaliger Spieler bei Servette FC Genève, verlor beim Torjubel gegen FC Schaffhausen zwei Finger. Er sprang auf den Zaun und blieb mit seinen Fingern hängen. Der Schiedsrichter zeigte jedoch keine Gnade. Paulo Diogo erhielt Gelb wegen übertriebenen Torjubels.

10. Gelb-Rot?!

Hannovers Huszti erhielt 2012 Gelb-Rot, als er sein Trikot auszog und anschließend noch auf den Zaun kletterte. Schiedsrichter Aytekin stand nach dem Spiel gegen Bremen deshalb hart in der Kritik und die Diskussion um Sinn oder Unsinn der Regel 12 entbrannte erneut.

Trikotausziehen in anderen Sportarten

Nicht nur im Fußball ist das Ausziehen des Trikots während des Spiels verboten. Auch in der Leichtathletik gibt es eine solche Regel. In Regel 143 des IAAF ist die Kleiderordnung genaustens festgehalten: Die Startnummer muss immer sichtbar sein. Auf diese Regel hätte man Mahiedine Mekhissi-Benabbad wohl am besten schon früher hingewiesen. 2014 wurde ihm sein Sieg über 3.000 Meter Hindernislauf nachträglich aberkannt, da er noch in der Zielgeraden sein Trikot auszog.

Nach Erreichen des Ziels ist das Ausziehen des Trikots kein Problem. So machte es auch Diskus-Werfer Robert Harting. Er riss sich nach seinen Siegen gerne mal das Trikot vom Leib. Obwohl dies schon fast zu seinem Markenzeichen wurde, verzichtet er heute seiner Oma Renate zuliebe darauf. Außerdem wurde ihm bereits eine Klage aufgrund §90a des Strafgesetzbuches angedroht. Das Zerreißen des Trikots gelte als „Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole“.

Ausziehen verboten – Tauschen erlaubt

Auch wenn das Ausziehen des Trikots nach einem Tor verboten ist – der Trikottausch am Ende eines Spiels ist erlaubt. 1998 war allerdings auch der Trikottausch kurzzeitig durch die Fifa verboten worden. Das Trikotausziehen und -tauschen ist bis heute fester Bestandteil der Fußballkultur und auch eine gelbe Karte schreckt die Spieler nicht davon ab, ihr Trikot schon während des Spiels auszuziehen.

Übrigens: Wie es eigentlich dazu gekommen ist, dass die Trikots heute so sind, wie sie sind, erfahren Sie in unserem Beitrag Die Geschichte des Trikots. Die qualitativ hochwertigen und schönen Trikots von heute möchte man aber ja eigentlich gar nicht mehr ausziehen – vor allem, wenn man sie in unserem 3D-Konfigurator liebevoll selbst gestaltet hat.

Bildnachweis: Titelbild: ©gettyimages/peterman

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